Formungültigkeit der notariellen letztwilligen Verfügung – kein Verzicht auf Unterschrift / Handzeichen ohne Rechtfertigung

Formungültigkeit der notariellen letztwilligen Verfügung – kein Verzicht auf Unterschrift / Handzeichen ohne Rechtfertigung

In der Entscheidung 2 Ob 106/23m ist die folgende Erkenntnis maßgebend. Bei Errichtung einer notariellen letztwilligen Verfügung iSd 583 ABGB ist besondere Vorsicht walten zu lassen, wenn der Erblasser erklärt, ihm sei die Unterschriftsetzung beziehungsweise die Erklärung durch Handzeichen nicht möglich.

Tatsache ist, dass eine unmittelbar als Notariatsakt errichtete letztwillige Verfügung gem § 68 Abs 1 NO die Unterschrift des Erblassers enthalten muss. Ein bei der Testamentserrichtung schwerkranker Erblasser hatte angegeben weder schreiben noch Handzeichen setzen zu können, obwohl er mit seiner linken (gesünderen) Hand hingegen eine Paraphe oder ein Handzeichen hätte setzen können. Weshalb seinerseits die Angabe erfolgte, auch ein Handzeichen nicht setzen zu können, ist nicht feststellbar. Bei nicht vorhandener Fähigkeit die Unterschrift zu setzen kann diese durch Handzeichen ersetzt werden, ist dies wiederum nicht möglich muss dies im Notariatsakt ausdrücklich erwähnt und bestätigt werden (§68 Abs 1 lit g NO). Ergebnis ist, dass ein berechtigter Verzicht nicht auf den Angaben des Erblassers gegenüber dem Notar beruhen kann, sondern seine objektive Fähigkeit zur Unterschriftsetzung beziehungsweise zum Setzen von Handzeichen heranzuziehen ist. Schreibunfähigkeit liegt vor, wenn dem Erblasser eine Unterschrift nur unter einer unzumutbaren Anstrengung möglich wäre. Der Erblasser hat keine Wahlfreiheit, ob er statt der Unterschrift ein Handzeichen setzt oder auf dieses verzichtet.

Zusammenfassend wurde trotz der objektiven Fähigkeit des Erblassers zumindest ein Handzeichen mit seiner linken Hand setzen zu können auf dieses Handzeichen verzichtet. Die Folge daraus ist die Formungültigkeit der notariellen letztwilligen Verfügung aufgrund eines Verstoßes gegen §68 Abs 1 lit g NO, auch wenn diese dem tatsächlichen Willen des Erblassers entsprochen hätte.

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Quellen:

OGH | 2 Ob 106/23m | 27.06.2023 |

https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20230627_OGH0002_0020OB00106_23M0000_000/JJT_20230627_OGH0002_0020OB00106_23M0000_000.pdfhttps://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/handzeichen-beim-testament-in-form-eines-notariatsakts/

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