Händlerregress, Schadenersatz und AGB

Händlerregress, Schadenersatz und AGB

OGH 3 Ob 243/18h, 20.03.2019

Dieser Fall handelt von zwei Unternehmern, welche in einen Prozess verwickelt waren, weil die angekauften Waren (Dachziegel) einen Mangel hatten und der Käufer und spätere Kläger seinerseits von seinem Vertragspartner, einem Bauherrn, in einem vorangegangen Gewährleistungsprozess erfolgreich auf Verbesserung bzw Austausch in Anspruch genommen wurde.

Folgend werden zwei zentrale Probleme näher beleuchtet: Zum einen das Verhältnis zwischen Schadenersatz und Gewährleistung (insbesondere der Händlerregress gem § 933b ABGB) und zum anderen die Problematik der Einbeziehung von AGB.

Hintergrund:

Die klagende Dachdecker-Gesellschaft bestellte für die Eindeckung eines Daches bei der beklagten Zwischenhändlerin Dachziegel. Die Klägerin hatte schon zuvor öfter Waren bei der Beklagten bestellt und zwar in aller Regel telefonisch.

Die Klägerin verfügte über einen Produktkatalog der Beklagten, welcher für sie jedoch nicht relevant war, da sie ihre Produkte hauptsächlich von einem anderen Lieferanten bezog. Es war ihr nicht bekannt, dass in diesem Katalog die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Beklagten abgedruckt waren, welche einen Gewährleistungsausschluss beinhalteten.

Bei der Lieferung der Ziegel wurde kein Lieferschein ausgehändigt, auf welchem die AGB abgedruckt waren. Auf der von der Beklagten eine Woche später ausgestellten Rechnung für die Ziegel über 4.534,79 EUR waren auf der Rückseite die AGB aufgedruckt. Es war nicht ersichtlich, wie viele der grundsätzlich so formulierten Lieferscheine oder Rechnungen die Beklagte der Klägerin im Rahmen der Geschäftsbeziehung vor der Bestellung der Ziegel übermittelt hatte.

Das verwendete Dachziegelmodell verfügte zwar über eine CE-Kennzeichnung, war jedoch im Vergleich mit anderen Modellen relativ „ungünstig“, denn über eine Schwachstelle kam es im vorliegenden Fall zu einem Wassereintritt über das gewöhnliche Maß hinaus. Der Mangel war ohne Prüfung des Dachziegels nicht feststellbar und daher für einen Zwischenhändler bei üblichem Kontrollausmaß nicht erkennbar.

Jener Bauherr, welcher von der Klägerin die Ziegel erwarb, um das Dach zu bauen, begehrte in einem vorangegangenen Verfahren vor dem Bezirksgericht von der Klägerin die Verbesserung durch Austausch bzw. Neueindeckung des Daches und obsiegte. Die Klägerin machte sodann von einer eingeräumten Lösungsbefugnis, nämlich von der Zahlung von 11.000,00 EUR (der vereinbarte und vom Bauherrn auch schon geleistete Werklohn) zuzüglich Zinsen, um sich von der Verpflichtung zur Verbesserung zu befreien, Gebrauch.

Klagebegehren:

Die Klägerin begehrte nunmehr von der Beklagten, gestützt auf Gewährleistung (§ 933b ABGB) und Schadenersatz, die Zahlung von 31.979,00 EUR sA für alle mit dem Kauf der Ziegel zusammenhängenden Aufwendungen und Kosten.

Urteil des OGH

Zu den AGB:

Nach ständiger Rechtsprechung gelten AGB regelmäßig nur Kraft ausdrücklicher oder stillschweigender Parteienvereinbarung. Der Vertragspartner muss vor dem Abschluss des Vertrags erklären, ausschließlich zu seinen AGB kontrahieren zu wollen, und das Gegenüber muss sich darauf einlassen.

Eine stillschweigende Unterwerfung des Kunden darf nur dann angenommen werden, wenn für diesen deutlich erkennbar ist, dass der Vertragspartner nur zu seinen AGB den Vertrag abschließen will und er die Möglichkeit hat, von diesen Kenntnis zu nehmen.

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin die Ziegel, wie schon öfters zuvor, telefonisch bestellt. Ob es einen Hinweis auf die AGB in diesem oder vorangegangenen Gesprächen gab, ist seitens der Beklagten nicht behauptet worden.

Grundsätzlich sind Lieferscheine ebenso wie Rechnungen und Gegenscheine nicht dazu bestimmt, Angebote eines Partners auf Abänderung eines bereits abgeschlossenen Vertrags zu unterbreiten.

Nach der Rechtsprechung kann das Stillschweigen des Vertragspartners jedoch dann als eine Zustimmung gesehen werden, als dass der Vertragspartner nach Treu und Glauben, nach der Verkehrssitte oder dem Gesetz hätte reden müssen und daher sein Schweigen keine andere Bedeutung als die einer Genehmigung zulässt.

Dies gilt nach § 346 UGB unter Unternehmern dann, wenn bei „beiderseitigen Handelsgeschäften“ Klauseln handelsüblichen oder selbstverständlichen Inhalt aufweisen. So wäre im Fall einer jahrelangen Geschäftsbeziehung, in deren Rahmen immer wieder – unbeanstandet – Fakturen mit der Eigentumsklausel übersendet wurden, die schlüssige Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts anzunehmen.

Zwar hat die Klägerin bei der Beklagten „bereits öfter und längere Zeit zuvor“ Waren bestellt, jedoch konnte die Beklagte nur eine einzige Lieferung mit Lieferschein samt Hinweis auf die AGB nachweisen. Demnach ist der Beklagten der Nachweis für eine länger andauernde Geschäftsbeziehung für eine Grundlage der AGB nicht gelungen, die AGB wurden somit nicht Vertragsinhalt.

Zum Gewährleistungsanspruch:

Gemäß § 933b Abs 1 ABGB kann ein Unternehmer, der einem Verbraucher Gewähr geleistet hat, von seinem Vormann, wenn auch dieser Unternehmer ist, die Gewährleistung fordern, wobei der Anspruch mit der Höhe des eigenen Aufwands beschränkt ist. Ein sonstiger, alle seine in diesem Zusammenhang getätigten Aufwendungen umfassender Regressanspruch gegenüber seinem Vormann besteht hingegen nicht. Somit ist im vorliegenden Fall höchstens der Kaufpreis der Ziegel (4.534,79 EUR) ersatzfähig.

Der darüberhinausgehende Aufwand könnte nur einen Schadenersatzanspruch wegen eines Mangelfolgeschadens darstellen.

Zum Schadenersatzanspruch:

Da der Mangel der Ziegel weder der Beklagten noch der Klägerin erkennbar war, fehlte es hier an dem erforderlichen Verschulden für einen Schadenersatzanspruch gem. § 1293 ff ABGB.

Fazit:

Dieser Fall zeigt zwei sehr interessante Aspekte auf, einerseits die Unterschiede zwischen Gewährleistung und Schadenersatz und andererseits die Einbeziehungskontrolle von AGB.

Die Gewährleistung hat einen Vorteil, aber auch einen Nachteil gegenüber dem Schadenersatz. Der Vorteil ist, dass es sich bei der Gewährleistung um das „verschuldensunabhängige Einstehenmüssen für einen Mangel“ handelt. Daher ist ein Verschulden des Vertragspartners nicht nachzuweisen, während beim Schadenersatzanspruch nach § 1293 ff ABGB ein Verschulden zwingende Voraussetzung ist. Demgegenüber steht der Nachteil, dass der Gewährleistungsanspruch keine Folgeschäden erfasst, diese müssen mittels Schadenersatzes geltend gemacht werden. Ob ein Verschulden vorliegt, hängt immer vom Einzelfall ab, wie hier „Die Frage nach dem Erkennenmüssen eines Mangels“.

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