Erwachsenenvertretung – Wohnortänderung

Erwachsenenvertretung – Wohnortänderung

In der Entscheidung des OGH zu 4 Ob 46/19x beantragte der gerichtliche Erwachsenenvertreter, den von ihm abgeschlossenen Kaufvertrag über die Veräußerung der Liegenschaft des Betroffenen sowie die damit verbundene dauerhafte Änderung von dessen Wohnort in eine Mietwohnung pflegschaftsgerichtlich zu genehmigen. Der OGH bestätigte die Entscheidung der Rekursgerichts über die Abweisung der Anträge des gerichtlichen Erwachsenenvertreters.

§ 257 ABGB regelt die Änderung des Wohnorts einer betroffenen Person. Gemäß § 257 ABGB kann eine volljährige Person, die über ausreichende Entscheidungsfähigkeit verfügt, über eine Änderung des Wohnorts nur selbst entscheiden. Dies gilt auch dann, wenn sie die Verträge zur Umsetzung dieser Entscheidung nicht selbst schließen oder auflösen kann. In diesem Fall hat der gerichtliche Erwachsenenvertreter – im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten – die erforderlichen Rechtshandlungen vorzunehmen.

Ist die Person nicht entscheidungsfähig, so hat der gerichtliche Erwachsenenvertreter über die Änderung des Wohnorts zu entscheiden, wenn dies in seinen Wirkungsbereich fällt und dies zur Wahrung des Wohles der betroffenen Person erforderlich ist. Dafür ist im Allgemeinen eine ernstliche und erhebliche Gefahr für das Leben oder die Gesundheit oder für sonstige schutzwürdige Rechtsgüter des Betroffenen vorausgesetzt.

Weiters bedarf diese Entscheidung des gerichtlichen Erwachsenenvertreters der gerichtlichen Genehmigung (Für den Vorsorgebevollmächtigten gilt dies nur, wenn der Wohnort ins Ausland verlegt werden soll). Die Zulässigkeit der Änderung des Wohnorts kann nicht abstrakt, sondern nur anhand der konkreten Umstände beurteilt werden. Eine gerichtliche Genehmigung kommt daher nur in Bezug auf einen konkreten neuen Wohnort in Betracht, der bestimmt sein muss. Im Verfahren über die Genehmigung muss sich das Gericht einen persönlichen Eindruck von der betroffenen Person verschaffen (§ 131 Abs 2 AußStrG). Gibt diese zu erkennen, dass sie ihren Wohnort nicht ändern will, muss das Gericht den Erwachsenenschutzverein mit der Abklärung beauftragen. 

Genehmigungspflichtig ist auch der Kaufvertrag über die Veräußerung der Liegenschaft des Betroffenen, weil diese Vertretungshandlung aus Sicht des Betroffenen nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb der Vermögensverwaltung gehört (§ 258 Abs 4  iVm § 167 Abs 3 ABGB).

Ist im Fall einer dauerhaften Änderung des Wohnorts des Betroffenen sowohl eine rechtsgeschäftliche Auflassung des bisherigen Haushalts als auch eine rechtsgeschäftliche Begründung eines neuen Haushalts erforderlich, so darf ein Rechtsgeschäft über die Veräußerung einer Liegenschaft, die zur Befriedigung des aktuellen Wohnbedürfnisses des Betroffenen dient, nicht vor dem Abschluss eines (aufschiebend bedingt geschlossenen) Vertrags (bzw vor einem unabänderlichen Vertragsentwurf verbunden mit einer Abschlusszusage) über die Begründung des neuen Haushalts genehmigt werden.

Liegenschaften (zB des bisher als Wohnsitz genutzten Hauses) dürfen überdies gegen den Willen des Betroffenen nur im Notfall oder zum offenbaren Vorteil des Betroffenen veräußert werden. Ein Notfall liegt bei Unvermeidbarkeit der Veräußerung vor, zB zur Abwendung einer verlustbringenden Exekution oder Insolvenz.

 

Quellen:

OGH 25.04.2019, 4 Ob 46/19x

Kolmasch, Erwachsenenvertretung – Genehmigungspflichten für Wohnortänderung, Zak 2019/427

Hinteregger, Erwachsenenvertreter-Verfügung, gewählte und gesetzliche Erwachsenenvertretung, EF-Z 2018/117

 

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